Anfang April 2014 startete die Zukunfts-Werkstatt e.V. (ZW) das Projekt „Ankommen & loslegen!“ für minderjährige Flüchtlinge im Haus der Kulturen (HdK) in Göttingen.
Ausgangspunkt für das Projekt war, dass immer mehr unbegleitete junge Flüchtlinge aus den aktuellen Kriegs- und Krisengebieten in Göttingen und Umgebung ankommen. Es gibt für sie vor Ort nicht genügend Schulplätze, zu wenig Deutschförderung und zu wenige Vorbereitungsklassen. Für junge Flüchtlinge sind früher Spracherwerb und Bildung aber lebensnotwendig und wichtige Schlüsselfaktoren für die gesellschaftliche und berufliche Integration. Zudem wirken sie sich günstig auf eine dauerhafte Bleibeperspektive der Betroffenen aus.
Mit dem Projekt „Ankommen & loslegen!“ will die Zukunfts-Werkstatt e.V. deshalb aktuell noch vorhandene Lücken im Bildungsbereich zugunsten von Flüchtlingen schließen und einen weiteren wichtigen Schritt hin zu einer echten Willkommenskultur machen.
Zielgruppe des Projektes sind unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) zwischen 16 und 18 Jahren, die vom Jugendamt in Obhut genommen werden und sich in Altersfeststellung befinden. Gegebenenfalls können aber auch UMF, die die Altersfeststellung bereits durchlaufen haben und weiterhin von einem Träger der Jugendhilfe betreut werden (sich in einer Jugendhilfemaßnahme befinden) daran teilnehmen.
Ziel des Projektes ist es, den jungen Flüchtlingen den Einstieg in die deutsche Sprache zu erleichtern und sie auf den Besuch einer weiterführenden Schule vorzubereiten. Zeitnah nach ihrer Ankunft in Göttingen bekommen sie an vier Tagen in der Woche Unterricht in den Fächern Deutsch (3 St./Tag), Mathematik, EDV (jeweils 1 St. jeden 2. Tag) und Werte & Normen (1 St./Tag). Letzteres wird aufgrund der besonderen Bedeutung in Doppeldozentur (KulturdolmetscherInnen) angeboten. Dabei geht es inhaltlich z. B um die Auseinandersetzung mit folgenden Themen: Demokratieverständnis, Toleranz, Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern, Schulsystem, gesunde Ernährung und Sport. Der Unterricht erfolgt in viermonatigen Kursabschnitten, d. h. jeweils bis zu 12 UMF nehmen im Klassenverband vier Monate lang am Unterricht teil. Neben dem allgemeinbildenden Unterricht erhalten die jungen Flüchtlinge einmal pro Woche ergänzende Lernförderung (allein oder in Zweiergruppen), um die unterrichtlichen Lernprozesse zu unterstützen und zu vertiefen. Hier lernen sie auch selbständiges Lernen und verschiedene Lernstrategien kennen. Im Rahmen des Kurses gibt es außerdem einmal in der Woche ein gemeinsames Frühstück, um sich besser kennenzulernen und auszutauschen zu können.
Zusätzlich zum normalen Unterricht finden regelmäßig Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung statt, um den oft traumatisierten jungen Menschen eine kleine Abwechslung zum Alltag zu bieten (z. B. Städtische Museum, Kino, Zoo Hannover). Außerdem können sie die Freizeitangebote des Jugendraumes nutzen und an den vielfältigen Veranstaltungen sowie Feierlichkeiten des Hauses teilnehmen. Auf diese Weise kommen sie schnell in intensiveren Kontakt mit Gleichaltrigen, die zum Teil ähnliche Erfahrungen gemacht haben und mit der hiesigen Gesellschaft. Persönliche Kontakte tragen dazu bei, gegenseitige Berührungsängste abzubauen, schaffen Freundschaften und fördern ein soziales Miteinander. Der positive Umgang mit anderen, das Gefühl so angenommen zu werden wie sie sind, stärkt sie in ihrem ganzen Wesen.
Mittlerweile sind bereits sechs Kurse durchgeführt worden, an denen 67 junge Flüchtlinge, die meisten von ihnen aus Afghanistan und Eritrea, teilgenommen haben. Das ist deutlich mehr als anfangs geplant. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass rund die Hälfte der TeilnehmerInnen danach den Sprung auf eine weiterführende Schule schaffen und in eine Sprachlern- oder reguläre Klasse wechseln. Die anderen haben die Gelegenheit, an weiteren Sprachkursen der Jugendhilfe Süd-Niedersachsen teilzunehmen, die auch täglich im Haus der Kulturen stattfinden. Die BetreuerInnen der Jugendhilfe bemühen sich währenddessen weiterhin, die TeilnehmerInnen in eine reguläre Schule zu vermitteln, was aber nicht immer einfach ist. Es gibt immer noch zu wenige Sprachlernklassen und auch der Wechsel während des laufenden Schuljahres ist oftmals schwieriger, als es sein müsste. Die Projektlaufzeit ist bis Ende März 2017 angesetzt.